Deammonifikation (partielle Nitritation / anaerobe Ammoniumoxidation)
Bei der partiellen Nitritation wird das vorhandene Ammonium zu einem Anteil von ca. 50% zu Nitrit abgebaut. Im zweiten Teilschritt kommen nun Deammonifikations-Bakterien ins Spiel, die hierbei den verbleibenden Teil des Ammoniumstickstoffs und das gebildete Nitrit zu elementarem Stickstoff umsetzen. Da es sich bei den Vertretern dieser Bakterien um anaerobe, chemolitho-autotrophe Mikro Organismen handelt, benötigen diese weder Sauerstoff noch organischen Kohlenstoff. Der Sauerstoffbedarf reduziert sich um 60%. Kohlenstoff wird gar nicht benötigt, die Ersparnis beträgt 100% (Abbildung 1).
Abb. 1: Schematische Darstellung der Deammonifikation, bestehen aus den zwei Schritten
partielle Nitritation und anaerobe Ammoniumoxidation
Ein- und Zweistufige Verfahrensweise
Die Deammonifikation kann sowohl als einstufiges als auch als zweistufiges Verfahren betrieben werden. Beim einstufigen Verfahren werden beide Prozessschritte – partielle Nitritation und anaerobe Ammoniumoxidation (Anammox) – im gleichen Becken bzw. Tank durchgeführt. Im Zweistufigen Verfahren, finden die beiden Schritte in getrennten Becken statt.
Beim einstufigen Verfahren wird in der Regel ein Sauerstoffsollwert von unter 0,5 mg/l gewählt. Dies soll eine zu starke Nitritanreicherung sowie die Oxidation von Nitrit zu Nitrat zu vermeiden. Die Nitritkonzentration liegt hier bei 2 – 25 mg/l, da eine zu hohe Konzentration hemmend auf die Anammox-Bakterien wirkt. Daher wird bei Erreichen des oberen O2 Grenzwertes die Belüftung ausgeschaltet. Während der Belüftungsphase dominiert die Nitritation aber auch die anaerobe Ammoniumoxidation läuft in geringem Masse ab.
Im zweistufigen Verfahren dagegen werden Sauerstoffsollwerte von bis zu 1 mg/l gewählt. Dementsprechend sind auch höhere Nitritkonzentrationen (bis zu 750 mg/l) möglich.
Bei beiden Verfahrensweisen entsteht Nitratstickstoff in einer Konzentration, die in etwa 10% der Konzentration des Ammoniumstickstoffs beträgt.
Vorkommen der Deammonifikation
Bei der Schlammbehandlung einer Kläranlage fällt stickstoffhaltiges Prozesswasser mit sehr hohen Ammonium Konzentrationen an (bis zu 2.000 mg/l Ammonium möglich). Diese erheblichen Belastungen können vorhandene Systeme oft nur unzureichend bewältigen. Versuche, eine ausreichende Nitrifikation zu erzwingen, schlagen oft fehl und resultierten zugleich in zu hohen Ablaufwerten für Nitrat. Letztlich müssen in solchen Fällen neue Wege in der Abwasserreinigung eingeschlagen werden, um die erhöhten Belastungen durch das Prozesswasser zu bewältigen.
Herausforderungen der Deammonifikation
Eine bedeutende Schwierigkeit bestand in den ersten großtechnischen Deammonifikations-Anlagen, in der sehr zeitaufwendigen Aufkonzentration der speziellen Mikroorganismen von bis zu mehreren Jahren. Mit dem Vorhandensein von eingefahrenen Anlagen mit genügend großer Biomasse ist diese Schwierigkeit heute weitestgehend behoben. Die Bakterien können nun auch in größeren Mengen von den bestehenden Anlagen zum Animpfen neuer Anlagen benutzt werden. Die Einlaufzeiten neuer Anlagen betragen nunmehr nur noch wenige Wochen. Auch die Prozess-Stabilität hat sich auf Grund der mehrjährigen Erfahrungen, optimierter Mess- und Regelkonzepte sowie verlässlicher Messtechnik erhöht.
Die biologische Aktivität der Deammonfikations-Organismen unterliegt bestimmten Einflussgrößen, deren Kenntnis zwingend notwendig für einen reibungslosen Deammonifikations-Prozess ist. Das für die anaerobe Ammoniumoxidation nötige Nitrit wirkt in erhöhten Konzentrationen hemmend bzw. toxisch auf die Bakterien, was eine irreversible Schädigung des gesamten Verfahrens nach sich ziehen kann. Ähnliche Wirkung zeigen Schwefelverbindungen und Methanol. Im Hinblick auf eine einstufige Verfahrensweise führt der für die partielle Nitrifikation benötigte Sauerstoff gleichzeitig zur Hemmung (reversibel) der Organismen. Für die anaerobe Ammoniumoxidation bedarf es somit ausreichend langer Phasen mit sehr niedrigen Sauerstoffkonzentrationen.
Die Nitritation und anaerobe Ammoniumoxidation besitzen eine gegenläufige Auswirkung auf den pH-Wert. Die Belüftung erfolgt nur innerhalb eines sehr engen pH-Intervalls. Während dieser Phase dominiert die Nitritation über die anaerobe Ammoniumoxidation. Das gebildete Nitrit bewirkt ein Abfallen des pH-Wertes, bis der untere Schwellenwert (ca. bei pH 7,00) erreicht wird. Die Belüftung wird abgeschaltet, die O2-Konzentration sinkt und das gebildete Nitrit wird zur Oxidation des noch vorhandenen Ammoniums aufgebraucht (anaerobe Ammoniumoxidation). Der pH-Wert steigt sowohl durch diesen Prozess, als auch durch die kontinuierliche Zugabe von alkalischem Prozesswasser bis zum oberen Schwellenwert an, was wiederum zum Starten der Belüftung führt.
Außerdem führen eine zu niedrige Temperatur und zu hohe Feststoffgehalte zu erhöhter Bildung von NO3. Dies wiederum hat eine Hemmung der anaeroben Ammoniumoxidation zur Folge.
Verwendbare Messtechnik
Überwachungs- und Regelgrößen sind neben den gängigsten Parametern pH und Sauerstoff auch Stickstoffkonzentrationen (NH4-N, NO3-N, NO2-N), die Temperatur und die Trockensubstanz. Xylem bietet hierfür passende digitale Sensoren, die alle am Messsystem IQ SENSOR NET anschließbar sind.
pH: SensoLyt® 700 IQ
O2: FDO® 700 IQ oder TriOxmatic® 700 IQ
Stickstoffe: ISE-Sensoren, z.B. VARiON® 700 IQ
TS: ViSolid® 700 IQ
Temp: integriert in diversen Sensoren
System: IQ SENSOR NET